Mit der unlängst veröffentlichten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. September 2025 – 2 BvL 5/18 u.a. – erfolgt eine maßgebliche Neuausrichtung seiner Besoldungsrechtsprechung, die stärker als bislang das Erfordernis der laufenden Anpassung der Besoldung an die wirtschaftliche Entwicklung in den Mittelpunkt der Rechtsprechung rückt. Der Besoldungsgesetzgeber sieht sich nun durch die in der Besoldungsrechtsprechung neue Figur der „Gestaltungsverantwortung“, die ihm aus der ihn treffenden Gestaltungsdirektive des Art. 33 Abs. 5 GG erwächst, noch einmal konkreter als bislang an langfristig anwendbaren Maßstäben gebunden, die also auf einem nachvollziehbaren Zahlenwerk und schlüssigen Rechenschritten beruhen (Rn. 54). Es ist dadurch nun nur umso mehr oder klarer seine Aufgabe, in Ausübung der ihn treffenden Gestaltungsverantwortung die maßgeblichen Kriterien für das jeweilige Besoldungsgesetz zu ermitteln, zu konkretisieren und schlüssig zu bewerten (Rn. 99). Kommt er der ihn treffenden Gestaltungsverantwortung mindestens über einen gewissen Zeitraum nicht hinreichend nach, sollte sich allein das bereits als erheblich erweisen können (entsprechend sollte die Rn. 153 zu verstehen sein).
Damit aber stellen sich in Klageverfahren ggf. auch die Anforderungen an die Begründetheit im Einzelnen neu dar, was sich eventuell in späteren Entscheidungen des Zweiten Senats noch konkreter herauskristallisieren wird. Auf der anderen Seite macht er aber schon heute deutlich, dass er von den den Besoldungsgesetzgeber seit 2012 im besonderen Maße noch im Verlauf des Gesetzgebungsverfahren treffenden prozeduralen Anforderungen abrückt und dahingegen jetzt vielmehr eine materielle Darlegungslast mit Einschätzungs- und Beurteilungsspielräume des Gesetzgebers korrespondierend bestehen sieht. Als Folge kann sich offensichtlich die Tektonik in besoldungsrechtlichen Klageverfahren verschieben, sodass es notwendig ist, hier wesentliche Veränderungen in der bundesverfassungsgerichtlichen Dogmatik zum Besoldungsrecht nachzuzeichnen. Eine solche Darstellung soll im beigefügten Beitrag angerissen werden, was nachfolgend allerdings allein schon deshalb noch nicht erschöpfend geschehen kann, weil die aktuelle Entscheidung erst unlängst veröffentlicht wurde und sie eine umfangreiche Neuausrichtung der Rechtsprechung des Zweiten Senats erkennen lässt, die vollständig zu durchdringen noch Zeit in Anspruch nehmen muss.
Auf der anderen Seite treten seit der Veröffentlichung der aktuellen Entscheidung vermehrt Kläger mit Fragen an uns heran, da die Neuausrichtung – was nicht ungewöhnlich ist – zunächst einmal Verunsicherung auslösen kann, die allerdings nicht selten weniger der Rechtsprechung des Senats als vielmehr dem wiederkehrend schweren Vertrauensverlust geschuldet ist, den die 17 Dienstherrn insbesondere in den vergangenen rund fünf Jahren nach der letzten besoldungsrechtlichen „Pilotentscheidung“ vom 4. Mai 2020 in nicht kleinen Teilen der bundesdeutschen Beamtenschaft angerichtet haben. Es verwundert deshalb allenfalls sie selbst – sofern auch das nicht einfach nur das mittlerweile regelmäßige Theaterdonner darstellen sollte, das seit geraumer Zeit eine sachgerechte Besoldungsgesetzgebung wiederkehrend ersetzt hat –, kann tatsächlich aber niemanden verwundern, dass der Zweite Senat nun mit einiger Wucht auf die vor der Tür stehende Verfassungskrise reagiert.
Insofern ist, da der Senator der Finanzen sich – wenn man seinen aktuellen Äußerungen in der Tagespresse trauen darf – offensichtlich erneut umgehend anzuschicken scheint, auch das neue Judikat in seinen wesentlichen Konsequenzen missachten zu wollen, insbesondere SenFin das Lesen des beigefügten Beitrags ans Herz zu legen. Denn für die Berliner Politik ist als Folge der seit Jahr und Tag zu rund 95 % verfassungswidrigen Berliner Besoldungssystematik sachlich das Ende der Fahnenstange erreicht. Eine andere Konsequenz kann der aktuellen Entscheidung an keiner Stelle entnommen werden. Entsprechend ist dem Abgeordnetenhaus und Senat von Berlin insbesondere die Lektüre des zweiten Abschnitts des angehängten Beitrags zu empfehlen. Die sie treffende Gestaltungsverantwortung werden beide nicht mehr abschütteln können. Je früher ihnen das bewusst werden sollte, desto besser für sie selbst.
https://archive.md/2025.12.08-162258/https://www.morgenpost.de/berlin/article410651969/beamten-besoldung-senat-schiebt-mehr-als-200-millionen-in-ruecklagen.html