Warum es einen rückwirkenden Nachzahlung für alle Beamten nicht geben wird.

Die gewerkschaftlichen Forderungen wurden bereits erhoben. Eine Nachzahlung für alle – das wäre zweifellos wünschenswert. Doch wie realistisch sind diese Forderungen tatsächlich?

Bereits in der Vorlage zur Beschlussfassung zum „Reparaturgesetz zur R-Besoldung im Land Berlin von 2009 bis 2015 – RBesRepG 2009-2015“  wurden unter Punkt C. eine Alternative geprüft, die die Nachzahlung für alle beinhaltete. Ergebnis – negativ.

„Wie das BVerfG in Rn. 182 des Beschlusses ausführt, ist eine allgemeine rückwirkende Behebung des Verfassungsverstoßes mit Blick auf die Besonderheiten des Richter- und Beamtenverhältnisses nicht geboten. Dementsprechend erfolgt im Einklang mit den vom BVerfG in Rn. 183 dargelegten Anforderungen eine rückwirkende Behebung des festgestellten Verfassungsverstoßes nur hinsichtlich der Klägerin und den Klägern der Ausgangsverfahren als auch derjenigen Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, über deren Anspruch noch nicht abschließend entschieden worden ist.

Folgende Alternativen sind geprüft worden:

1. Rückwirkender Ausgleich für alle Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in den Besoldungsgruppen R 1, R 2 und R 3 im verfahrensgegenständlichen Zeitraum. Ein solcher Ausgleich ist nicht angezeigt. Durch derart umfangreiche Nachzahlungen würde möglicherweise eine Erwartungshaltung geweckt, dass auch bei künftigen Verfahren, welche die Amtsangemessenheit der Besoldung zum Gegenstand haben, zu leistende Nachzahlungen entsprechend weitreichend gewährt werden. Dies würde die Rechts- und Planungssicherheit des Haushaltsgesetzgebers beeinträchtigen. Denn dann müsste das Land Berlin auch künftig mit Nachzahlungen in unbezifferter Höhe rechnen, obwohl mangels eingelegten statthaften Rechtsbehelfen keine Veranlassung bestand, eine entsprechende finanzielle Vorsorge zu treffen.“

Insofern zeigte sich der Gesetzgeber bereits 2021 nicht bereits für eine relativ kleine Kohorte, einen rückwirkenden Ausgleich für alle zu schaffen.

Ähnlich wird es auch in dem zu erlassenen Nachzahlungsgesetz unter Berufung auf die der aktuelle BVerfG-Entscheidung 2 BvL 5/18 u.a. für die A-Besoldung gehandhabt werden.

Auszug Rn.161:

„Der Gesetzgeber des Landes Berlin hat eine verfassungskonforme Regelung innerhalb der aus dem Tenor ersichtlichen Frist zu treffen. Angesichts der Besonderheiten des Beamtenverhältnisses ist eine rückwirkende Behebung nur hinsichtlich der Kläger der Ausgangsverfahren und hinsichtlich derjenigen Beamten erforderlich, über deren Anspruch noch nicht abschließend entschieden worden ist.“ 

Es ist daher nicht zu erwarten, dass der Gesetzgeber bereit sein wird, die deutlich größere Gruppe der A-Besoldungsempfänger gesondert zu behandeln. Eine solche Ungleichbehandlung wäre zudem ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und würde die leer ausgegangenen R-Besoldungsempfänger unweigerlich zum Handeln veranlassen. Hinzu kommt der finanzielle Aspekt: Es ist für das Land Berlin erheblich günstiger, „nur“ die rund 100.000 anhängigen Widerspruchsverfahren und bis zu 3.000 Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zu befriedigen (Rn. 36), statt eine allgemeine Nachzahlung zu gewähren.

Insgesamt zeigt die bisherige Linie des Gesetzgebers wie auch der Rechtsprechung, dass eine umfassende rückwirkende Nachzahlung für alle Beamten weder rechtlich geboten noch politisch oder finanziell realistisch ist.

 

 

 

 

 

 

4 Gedanken zu „Warum es einen rückwirkenden Nachzahlung für alle Beamten nicht geben wird.“

  1. … ob man Feuerwehr und Polizei unbedingt „verärgern“ sollte? So was macht man nicht, nicht sonderlich klug und würde zur Spaltung in der Kollegenschaft führen. Sicher gibt es rechtlich Unterschiede zwischen Kollegen die formal geklagt, wenigstens tapfer die Widersprüche verschickt und denen die dazu einfach zu bequem, träge und gutgläubig waren.
    Es ist ne bescheidene Position fürs Land und die Politik und leider auch meiner Meinung nach für die sog. Gewerkschaften, aber sie haben die Sache ja mit Wissen und Wollen seit…. heraufbeschworen, stillgehalten und sich jetzt in gewohnter Weise nen schlanken Fuß machen wäre sehr unklug.
    Wenn man es halbwegs vernünftig und ehrlich machen würde, meiner Meinung nach, dann sollte man die gesamten Zeit, also bis Heute betrachten, die Besoldungsstruktur gleich in einem Zug auf ein sauberes, modernes System stellen und im Bezug auf die Nachzahlungen, also das erlittene Unrecht beheben und ne Lösung für alle finden. Wenn rechtlich für alle nicht möglich, dann zb. ein sauberes 3 Stufenmodell. Hier wird es mit Sicherheit noch viel Diskussion geben. Egal wie es kommt, es kostet auf alle Fälle Geld, viel Geld. Aber was ist auf Dauer günstiger, mal wieder kurzfristig Gelder einsparen, unzählige Klagen lostreten und riskieren, dass bei uns das nicht ganz unwichtige Vertrauen in das Handeln des Landes und der Politik gänzlich zerstört wird. Wir sollen unseren Arsch jeden Tag für die Gesellschaft, die Sicherheit und die Einhaltung der Gesetze riskieren, aber für uns selbst ….. ? Kann und sollte jeder für sich selbst beantworten. Die allermeisten Kollegen, mich eingeschlossen, sind/waren „Überzeugungstäter“, es ist nicht einfach irgendein Job, schon ne Menge mehr die wir aber gern tun.
    Wichtig wäre auch unbedingt, dass hier mal nicht mit „Berliner Tempo“ gearbeitet wird und die Kollegen sehen, dass da wirklich was passiert, sie auch breit informiert und nen Mitspracherecht dabei bekommen und nicht nur die Personalvertretungen, die hier nicht so, also meiner Meinung nach, nicht so unbedingt hilfreich waren.
    Vor JAHREN wurde ja auch die Diäten im Land Berlin ohne großes Aufsehen einfach mal, wenn ich mich richtig erinnere, rund verdoppelt und gern mehr. Da war wohl irgendwie der Wille da.

    Antworten
  2. Ich vermisse ein Statement bzw. eine Entschuldigung der Regierungs- und Oppositionsparteien, die uns wissentlich das Gehalt nicht angepasst haben.
    Sonst springen diese ja auch bei jedem Mist vor die Kameras und orchestrieren mehr oder weniger flache Politparolen.
    Aber es ist ja bald Weihnachtszeit, da können wir wieder mit dem üblichen Wertschätzungsgefasel rechnen.

    Antworten
  3. Wie kommen eigentlich die 100000 Widerspruchsverfahren zustande? Zählen die dabei jeden jährlich eingelegten Widerspruch separat per Beamten? Dann wären ja in meinem Fall zum Beispiel alleine ca 9 Widerspruchsverfahren zu bearbeiten? 🤔
    Danke für Infos

    Antworten

Schreibe einen Kommentar